Freitag, 23. Oktober 2020

Bürgermeister Just blickt im Interview auf den Bürgerentscheid zurück

„Beide Positionen hatten durchaus gute Argumente“

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gemeinschaftsschule abgewaehlt

Kein Bock auf Gemeinschaftsschule in Hirschberg.

Hirschberg, 24. September 2013. (red) Die Hirschberger Bürger/innen haben entschieden – die Karl-Drais-Haupt- und Werkrealschule wird nicht zur Gemeinschaftsschule weiterentwickelt. Die Gemeinde spart damit rund 1,7 Millionen Euro, die sonst hätten ausgegeben werden müssen. Am Donnerstag trifft sich der Schulzweckverband der Gemeinden Heddesheim und Hirschberg. Das Verhältnis ist belastet. Wir haben Bürgermeister Just zur Zukunft der Schule und der interkommunalen Zusammenarbeit befragt.Interview: Hardy Prothmann

buergerentscheid schule-130912- Hirschberg GMS Infoveranstaltung Manuel Just Jens Drescher2013 09 12 (Redaktion Rheinneckarblogs in Konflikt stehende Kopie 2013-09-13)

Bürgermeister Just (links) mit Schulleiter Drescher bei einer Infoveranstatlung vor dem Bürgerentscheid.

Herr Just, haben Sie die Eindeutigkeit der Entscheidung durch die Bürger/innen erwartet?

Bürgermeister Manuel Just: Naja, es ist zwar eindeutig, aber trotzdem kein großer Abstand. Das Ergebnis zeigt meines Erachtens nochmals auf, wie schwierig die Entscheidung war und dass beide Seiten für Ihre Positionen durchaus gute Argumente hatten, die äußerst schwierig zu gewichten waren.

Hätten Sie einen anderen Ausgang erwartet, wenn die KDS in Großsachsen statt in Leutershausen wäre?

Just: Das ist schwer zu beantworten und sehr hypothetisch. Allerdings glaube ich, dass es dann wahrscheinlich noch deutlicher gewesen wäre, da ich für das Wahlergebnis in Großsachsen die Wahrnehmung habe, dass man sich leichter tat eventuell mittelfristig eine weiterführende Schule zu verlieren, da man aus der eigenen Historie weiß, dass im unmittelbaren Umfeld eine Vielzahl guter Schulstandorte über den ÖPNV leicht erreichbar sind. Unterstellt man diese Beobachtung umgekehrt, wäre es wohl noch deutlicher gewesen. Aber dies kann auch eine subjektive Einschätzung sein. Alles in allem denke ich nicht, dass es eine „Ortsteilwahl“ war. Denn auch wenn in Leutershausen mehr mit Ja votierten, so sind 14 Stimmen ebenfalls kein deutlicher Abstand.

Wenn der Bürgerentscheid gescheitert wäre – hätte Sie dann in der kommenden Sitzung gegen die Weiterentwicklung gestimmt?

Just: Für mich war klar, dass wir das Quorum erreichen. Insoweit ist auch diese Frage ebenfalls eine rein hypothetische und stellt sich für mich nicht.

Am Donnerstag kommt der Schulzweckverband zusammen und Hirschberg wird gegen die Weiterentwicklung stimmen. Wie geht es mit der Karl-Drais-Schule jetzt weiter?

Just: Auch wenn wir alle befürchten, dass Haupt- und Werkrealschulen eventuell keine langfristige Zukunft auf 8-10 Jahre haben könnten, führt dies aktuell nicht zu einem Aufgeben der Schule. Die Landesregierung hat klar zu erkennen gegeben, dass sie keine Schulstandorte schließen möchte. Und solange das Schulgesetz die Möglichkeit gibt, sollten wir auch versuchen an der Schule festzuhalten. Ungeachtet dessen müssen wir uns überlegen, welche Sanierungsmaßnahmen in den kommenden Jahren anzugehen sind. Hier stehen wir im Wort und somit in der Pflicht. Daher wird es schon in den kommenden Wochen Gespräche mit dem Architekten geben. Es wird darum gehen sukzessive Maßnahmen anzugehen, um in den vielzitierten 5 bis spätestens 8 Jahren die Sanierung umgesetzt zu haben.

Planen Sie den Schulzweckverband aufzulösen?

Just: Nein, meines Erachtens gibt es hierzu auch keinen Grund. Wir haben nach wie vor eine Haupt- und Werkrealschule, die eine gewisse Nachfrage erfährt. Und solange dies so ist, das Schulgesetz die Möglichkeit einer Haupt- und Werkrealschule einräumt und ein qualitativ hochwertiger Lehrkörper zur Verfügung steht, wird es diesbezüglich von mir auch keinen Vorstoß in diese Richtung geben. Ich darf nochmals betonen. Aus meiner Sicht haben wir ein Finanzierungsproblem in Anbetracht des Risikos, dass eine Gemeinschaftsschule vielleicht nicht die Nachfrage erfährt, die wir für eine langfristige Stabilität brauchen. Dass die geleistete Arbeit über jeden Zweifel erhaben ist, ist und bleibt für mich absolut unbestritten!

Ab wann wird es voraussichtlich in Hirschberg keine weiterführende Schule mehr geben?

Just: Wir alle befürchten ja mittelfristig das Aus für die Haupt- und Werkrealschulen. Ob das tatsächlich so ist, bleibt abzuwarten.

Glauben Sie, dass das Thema bei der Kommunalwahl eine Rolle spielen wird?

Just: Grundsätzlich ist dies natürlich nicht auszuschließen. Allerdings sollte man diesbezüglich auch anerkennen, dass die Bürgerschaft – wenn auch knapp – eine klare Entscheidung herbeigeführt hat. Dies haben wir alle zu akzeptieren.

Nach dem Auftritt von Herrn Kessler hat man den Eindruck, dass das Band zwischen Hirschberg und Heddesheim zerschnitten ist. Wie beurteilen Sie das Verhältnis?

Just: Persönlich verstehe ich die Enttäuschung meines Kollegen, sage aber auch, dass er mit der Einmischung in die Haushaltshoheit unserer Gemeinde eine – wohlgemerkt auch kollegiale – Grenze überschritten hat. Ungeachtet dessen hoffe ich selbstverständlich, dass sich das Verhältnis der Gemeinden in den kommenden Wochen und Monaten wieder beruhigt, da wir an zu vielen Stellen gemeinsame Berührungspunkte haben.

Über Hardy Prothmann

Hardy Prothmann (50) ist seit 1991 freier Journalist und Chefredakteur von Rheinneckarblog.de. Er ist Gründungsmitglied von Netzwerk Recherche. Er schreibt am liebsten Porträts und Reportagen oder macht investigative Stücke.