Samstag, 25. Juni 2022

Kretschmann: Ein spannendes Experiment

Online-Fragestunde mit dem Ministerpräsidenten

Rhein-Neckar/Stuttgart, 12. April 2013. (red/ms) Heute Abend wird der Ministerpräsident Winfried Kretschmann erstmalig auf der Website www.baden-wuerttemberg.de eine Stunde lang im Live-Stream sprechen. Ab 18.45 Uhr wird man über ein Online-Formular Fragen zu den Themen Energiewende, Bildung und Stuttgart 21 stellen können, ab 19.00 Uhr wird Herr Kretschmann antworten. [Weiterlesen…]

Offene Bürgerbegegnung in der Stadthalle Weinheim - Anmeldung erforderlich

Ministerpräsident Winfried Kretschmann besucht den Rhein-Neckar-Kreis

Ministerpräsident Winfried Kretschmann kommt in die Weinheimer Stadthalle. Quelle: Winfried Kretschmann.

Weinheim/Rhein-Neckar-Kreis, 19. April 2012. (red/pm) Offene Bürgerbegegnung in der Stadthalle Weinheim. Bürgerinnen und Bürger können sich ab sofort anmelden.

Information des Rhein-Neckar-Kreises:

„Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann besucht am Donnerstag, 03. Mai 2012, den Rhein-Neckar-Kreis, den einwohnerstärksten Landkreis in Baden-Württemberg. Ein Schwerpunkt des Besuches, der ein kommunalpolitisches Gespräch mit Bürgermeistern, Kreisräten und Abgeordneten in Sinsheim sowie die Visite des Zentrums beruflicher Schulen des Kreises in Wiesloch und einen Firmenbesuch des Global Players Freudenberg in Weinheim beinhaltet, ist die Bürgerbegegnung in der Stadthalle Weinheim. Zu dieser Bürgerbegegnung lädt Landrat Stefan Dallinger interessierte Kreiseinwohnerinnen und Kreiseinwohner herzlich ein, die sich beim Rhein-Neckar-Kreis für die Abendveranstaltung anmelden können.

Nach der Begrüßung durch Landrat Stefan Dallinger und einer Ansprache des Ministerpräsidenten haben die Bürgerinnen und Bürger aus den 54 Städten und Gemeinden die Möglichkeit, Winfried Kretschmann Fragen zu stellen. „Überhaupt ist die Veranstaltung eine gute Gelegenheit, im Rahmen der moderierten Fragerunde und beim anschließenden Stehempfang, den Ministerpräsidenten persönlich kennenzulernen“, sagt Landrat Dallinger, zumal der Ministerpräsident sich besonders Zeit für direkte Bürgergespräche nehmen will.

Da die Teilnehmerzahl begrenzt ist, sollten sich Interessierte umgehend bis längstens zum 23. April für die Bürgerbegegnung anmelden. Dies ist entweder über das auf der Homepage www.rhein-neckar-kreis.de hinterlegte Internet-Formular, per Telefax unter 06221/522-1484 oder per E-mail an oeffentlichkeitsarbeit@rhein-neckar-kreis.de (Betreff: „Ministerpräsident“) möglich.

Das Landratsamt weist darauf hin, dass eine Anmeldung unter Angabe von Namen und vollständiger Anschrift für die Teilnahme zwingend erforderlich ist. Angemeldete Personen erhalten per Post eine Einlasskarte, die zum Eintritt in die Stadthalle Weinheim berechtigt. Beginn der Bürgerbegegnung ist um 19 Uhr, Einlass in die Halle ab 18 Uhr. Die Bürgerbegegnung wird musikalisch umrahmt von der Jazz Big Band „Rhein-Neckar Rhythm & Brass“ unter der Leitung von Karl-Heinz Schäfer.“

Ministerpräsident Winfried Kretschmann schreibt S21-Gegnern auf Facebook

Rhein-Neckar, 07. Februar 2012. (red/pm) Winfried Kretschmann wendet sich mit einem offenen Brief über das soziale Netzwerk Facebook an die Gegner von Stuttgart 21. Er selbst bezeichnet sich ebenfalls als S21-Gegner und den Ausgang der Abstimmung als „schmerzlich“. Wie bereits zuvor angekündigt, hält er sich an das Ergebnis und schreibt: „Ungleich schlimmer wäre es, das Votum letztlich nicht anzuerkennen.“

Dokumentation; Offener Brief von Ministerpräsident Winfried Kretschmann
(Anm. d. Red.: Zwischenüberschriften durch die Blogredaktion eingefügt.) 

„in den letzten Tagen und Wochen erreichten mich Schreiben sowie Beiträge auf Facebook und Twitter von Bürgerinnen und Bürgern, deren Inhalt mir sehr zu denken gibt. Mal mehr, mal weniger deutlich wird darin gefordert, Stuttgart 21 dürfe auch nach dem Ergebnis der Volksabstimmung nicht gebaut werden. Daher möchte ich Ihnen mit diesem offenen Brief meine Sicht der Dinge darstellen.

Der 27. November 2011 ist ein Datum, das bei mir ganz unterschiedliche Gefühle weckt. Einerseits konnten mit der Volksabstimmung über das „S 21-Kündigungsgesetz“ zum ersten Mal in der Geschichte Baden-Württembergs die Bürgerinnen und Bürger jenseits von Wahlen unmittelbar Einfluss nehmen und in einer Sachfrage eine Entscheidung treffen.

Wenngleich das Wort für uns Deutsche aus geschichtlichen Gründen nicht nur positiv besetzt ist, so bin ich doch ein wenig stolz darauf, dass es uns gelungen ist, mit der Volksabstimmung einen historischen ersten Schritt in eine echte Bürgergesellschaft gemacht zu haben.

Volksabstimmung ein „sehr bitterer und schmerzlicher Tag“

Andererseits ist der 27. November für mich persönlich ein sehr bitterer und auch schmerzlicher Tag gewesen. Denn an diesem Tag hat sich eine klare Mehrheit der Abstimmungsberechtigten Baden-Württembergs für eine finanzielle Beteiligung des Landes an dem Bahnprojekt Stuttgart 21 ausgesprochen. Lediglich in sieben von insgesamt 44 Stimmkreisen hat das „S 21-Kündigungsgesetz“ eine Mehrheit von Ja-Stimmen gefunden. Demgegenüber haben 58,9 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen in Baden-Württemberg gegen den Gesetzentwurf votiert.

Selbst im Stadtkreis Stuttgart, wo ich ein anderes Ergebnis erwartet hatte, hat sich keine Mehrheit der Wählerinnen und Wähler für das S 21-Kündigungsgesetz ausgesprochen:

Mit 52,9 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen wurde ein Ausstieg aus der Finanzierung von Stuttgart 21 abgelehnt. Über ein Jahrzehnt hinweg haben ich und die Grünen im Landtag und darüber hinaus gegen das Projekt argumentiert und für Alternativen geworben und so ist dieses Votum des Volkes für mich eine schmerzliche Entscheidung, an der ich persönlich schwer trage.

Ich hatte mir einen anderen Ausgang gewünscht, denn ich bin weiterhin der Überzeugung, dass die Alternativen zu Stuttgart 21 besser gewesen wären. Schmerzlich ist der Ausgang aber auch deshalb, weil ich eingestehen muss, dass wir die Mehrheit der Bevölkerung mit unseren guten sachlichen und fachlichen Argumenten nicht überzeugen konnten.

Auch ungeliebte Mehrheitsentscheidungen akzeptieren

Am 27. November 2011 hat das Volk entschieden. Und als überzeugter Demokrat und Ministerpräsident akzeptiere ich den Willen des Souveräns.

Damit entfällt in einer Demokratie für die Politik und für mich als Ministerpräsident die Legitimation, das Projekt Stuttgart 21 dem Grunde nach immer und immer wieder in Frage zu stellen. Nicht ausgeschlossen ist es hingegen, die Fehler und Schwächen des Projekts deutlich aufzuzeigen, den Finger in die Wunde zu legen und auf Nachbesserungen zu drängen. Das verstehe ich unter einem kritisch-konstruktiven Begleiten von Stuttgart 21 PLUS.

Wer allerdings meint, die Landesregierung und insbesondere ich als Ministerpräsident könnten oder müssten das Projekt über solche Schwächen noch endgültig zu Fall bringen, dem muss ich ganz klar sagen, dass ich dies nicht machen werde. Die Bahn darf Stuttgart 21 bauen. So hat das die klare Mehrheit der Abstimmenden gewollt. Es gehört zum Wesenskern der Demokratie, dass man Mehrheitsentscheidungen akzeptiert, ob sie einem nun gefallen oder nicht.

Allen war bewusst, dass mit der Volksabstimmung über das S 21-Kündigungsgesetz selbstverständlich mittelbar über die Realisierung der Projekte Stuttgart 21 und die Alternativen abgestimmt wird.

Alle Argumente, die gegen Stuttgart 21 und für die Alternativen sprechen, sind im Zuge der äußerst umfassenden Diskussionen im Vorfeld der Volksabstimmung, in der Schlichtung und/oder bereits weit vorher, geäußert und vorgetragen worden. Ich will auch gerne erneut betonen, dass ich viele der kritischen Argumente zu Stuttgart 21 persönlich teile. Sämtliche Argumente in der Debatte sind vorgebracht, gewendet und abgewogen worden. Jede Bürgerin und jeder Bürger hatte umfassenden Zugang zu ihnen. Es gab hunderte Veranstaltungen und Foren sowie Diskussionsrunden unterschiedlichster Art.

Es gab die Schlichtung. Niemand wurde ausgeschlossen.

Pro und Contra hinlänglich bekannt

Über mehr als ein Jahr hinweg ist das Thema in der Stadt, regional und überregional intensiv verhandelt worden. Und gerade in Zeiten des Internets und anderer moderner Kommunikationsmittel kann keine Rede davon sein, dass Informationen hinter dem Berg gehalten oder verschwiegen worden seien.

Die Fakten, die für oder gegen Stuttgart 21 sprachen und sprechen, lagen offen auf dem Tisch. Und allen war klar, was im Falle eines Scheiterns des S 21-Kündigungsgesetzes unaufhaltsam kommen wird:

Abriss des Südflügels, Freimachung des Baufeldes im Mittleren Schlossgarten zur Errichtung des Trogbauwerkes durch Fällen oder Versetzen der Bäume und Grundwasserentnahme.

Die Argumente, die Sie gegen Stuttgart 21 anführen, waren der Bevölkerung hinlänglich bekannt. In der Broschüre zur Volksabstimmung konnten Pro- und Contra-Seite Ihre Argumente kompakt vortragen. Jeder, der wollte, konnte darüber hinaus sich jede Facette und noch differenzierte Argumente beschaffen. Gleichwohl hat sich deren Mehrheit am Ende für das Projekt entschieden. An dieser Erkenntnis führt einfach kein Weg vorbei.

In der Regierungsform der Demokratie – und bei der direkten Demokratie zumal – gehen wir von einer mündigen Bürgerschaft aus. Wir nehmen an, dass Menschen informiert sind bzw. sich Informationen beschaffen (können), bevor sie zu Wahlen und Abstimmungen gehen, und dass sie dann abgewogene Urteile und Entscheidungen fällen. Allerdings können wir niemanden dazu zwingen.

One Man, one vote“

Jede (volljährige) Bürgerin und jeder (volljährige) Bürger hat eine Stimme, und alle Stimmen haben den gleichen Wert. „One Man, one vote“ ist zu Recht ein Kernsatz demokratischer Verfassung. Und jede Stimme zählt gleich, egal wer sie abgibt, ob etwa Professorin oder Putzfrau, aus welchen Gründen und Motiven auch immer, ob sie sich gut oder schlecht informiert hat.

Ein weiterer Kernsatz der Demokratie ist, dass Mehrheiten entscheiden. Darauf ist demokratische Politik angewiesen, denn etwas Besseres als die Mehrheitsregel ist noch niemandem eingefallen.

Wer, wenn nicht die Mehrheit in einer demokratischen Abstimmung soll denn die Legitimität einer Entscheidung begründen? Wie soll denn verfahren werden, wenn eine klare Mehrheit in einer strittigen Frage vorliegt? Soll dann das Votum dieser Mehrheit etwa nicht umgesetzt werden? Mit welchem Recht wollte man sich als Regierung dem verweigern? Woran sollen sich Entscheidungen ausrichten, wenn nicht an vorangehenden Mehrheiten in Wahlen und Abstimmungen?

Die Grün-Rote Koalition ist hier ohnehin schon sehr weit gegangen, nachdem große Mehrheiten im Parlament Stuttgart 21 längst beschlossen hatten, diese Entscheidung erneut in Form einer Volksabstimmung wieder aufzurufen. Wenn wir uns dieser Mehrheitsentscheidung bei Stuttgart 21 verweigern würden, wie könnten wir dann in Zukunft selbst auf unseren Mehrheitsentscheidungen bestehen?

„Streiten bis in alle Ewigkeit“?

Niemand verlangt, die Position der anderen Seite zu übernehmen. Und niemand verlangt, mit der eigenen Meinung künftig hinter dem Berg zu halten. Aber der – in vielen Schreiben und anderen Veröffentlichungen der letzten Wochen zu findende – Appell an die Verantwortung der Bürgerinnen und Bürger und der Verweis auf die großen Erwartungen, denen man gerecht werden müsse, der Hinweis auf die verantwortlichen Politiker und Planer gehen darüber hinaus: sie dokumentieren, dass man das Votum der Volksabstimmung nicht akzeptiert.

Was bedeutet die Nichtanerkennung solcher Ergebnisse für die Demokratie allgemein und für das an Recht und Gesetz gebundene Regieren im Konkreten? Wie soll Legitimation für politisches Handeln hergestellt werden? Wer bestimmt, entscheidet und handelt dann in staatlichen Angelegenheiten? Soll dies eine elitäre Expertokratie sein, von der manch antiker Denker schrieb?

Der Konflikt um Stuttgart 21 war ein tiefer und heftiger Konflikt, der Stadt und Land mehr und mehr zu spalten drohte. Wie sollen schwierige Konflikte beigelegt werden, wenn nicht einmal eine Volksabstimmung als letzte Autorität anerkannt wird? Soll man weiter streiten bis in Ewigkeit?

Grundsätze der Demokratie werden in Frage gestellt

Ganz allgemein: Wie soll Demokratie dann überhaupt funktionieren? Was sind die Alternativen?

Diese Fragen drängen sich mir bei der Lektüre Ihrer Briefe, E-Mails, Postings und Tweets auf. Welche Antworten wollen Sie finden, ohne grundsätzliche demokratische Prinzipien unseres Gemeinwesens in Frage zu stellen?

Vielleicht gibt es auch noch andere Gründe, die Sie bewogen haben, ihre Schreiben so zu formulieren. Halten Sie komplexe politische Sachfragen für nicht geeignet, um sie durch die Bevölkerung direkt abstimmen zu lassen?

Und schließen sich damit den Gegnern bzw. Skeptikern der direkten Demokratie an, von denen es ja manche gerade in den konservativen Parteien gibt?

Eine solche Position ist keineswegs ehrenrührig und hat gute Argumente auf ihrer Seite – man sollte sie nur klar benennen.

Ich persönlich teile diese Auffassung jedenfalls nicht, im Gegenteil: Die im Vergleich sehr hohe Beteiligung der Bürgerschaft an der Volksabstimmung ist für mich ein deutliches Indiz, dass die Menschen in unserem Lande über mehr Themen direkt mitentscheiden wollen und nicht über weniger.

Prinzipiell gilt allerdings, dass das Volk in seiner Mehrheit natürlich genauso Fehlentscheidungen treffen kann, wie die Mehrheit in einem Parlament. Denn in der Demokratie wird nicht über Lüge und Wahrheit entschieden, sondern über Alternativen.

Wer der Auffassung ist, dass die Volksabstimmung nicht rechtmäßig abgelaufen sei, für diejenige oder denjenigen gibt es in einem Rechtsstaat ebenfalls den Weg, den die gewaltenteilende Demokratie vorsieht:

Die Klage vor den Gerichten. Der entsprechende Weg ist ja von einigen auch bereits beschritten worden. Aber gewiss kann dies keine Forderung an die Exekutive sein. Schon gar nicht wenn sie wie in diesem Fall die Volksabstimmung nach sorgfältiger Prüfung selber eingeleitet hat.

Wie sollen Bürgergesellschaft und Bürgerdemokratie funktionieren?

Zu diesen Themen hinzu kommt eine Sorge, die mich umtreibt. Es ist die Sorge, dass das, was die Protestbewegung gegen Stuttgart 21 an Positivem und Wegweisendem für die Republik bereits erreicht hat – für die Zukunft ein grundsätzliches Überdenken von Planungsprozessen, eine Ausweitung und Verbreiterung der Beteiligung der Bürgerschaft auf unterschiedlichsten Ebenen, Transparenz und Offenheit bei den Alternativen und manches mehr –, dass diese großen Erfolge also gefährdet und womöglich konterkariert werden, weil maßgebliche Protagonisten des Protestes das Resultat der Volksabstimmung nicht akzeptieren.

All dies zusammengenommen stelle ich mir eine grundsätzliche Frage: Wenn auch bekannte und anerkannte Persönlichkeiten das Ergebnis einer Volksabstimmung nicht anerkennen und respektieren wollen – wie soll dann die Bürgergesellschaft und die neue Bürgerdemokratie eigentlich funktionieren?

Und ins Konkrete gewendet leitet sich daraus eine für den politischen Alltag elementare Frage ab. Nachdem die Volksabstimmung ein so klares Votum hervorgebracht hat:

Können Sie sich ernsthaft einen Ministerpräsidenten und eine Landesregierung wünschen, die sich – weil ihnen ein politisches Ergebnis missfällt – über den Willen der Mehrheit in einem Gesetzgebungsverfahren (denn nichts anderes ist eine Volksabstimmung nach unserer Landesverfassung) hinwegsetzt, dagegen opponiert und sich schlichtweg nicht an Gesetz und Recht gebunden fühlt?

Niemand, der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ernst nimmt, kann sich dies am Ende wünschen, auch die nicht, die in der Sache verloren haben. Denn wir würden dann Tür und Tor öffnen für eine Entwicklung, an der keinem von uns ernsthaft gelegen sein kann.

So schmerzlich und bitter die Entscheidung des Volkes für Stuttgart 21 in der Sache für uns Gegner war. Ungleich schlimmer wäre es, das Votum letztlich nicht anzuerkennen. Denn dies hieße nichts anderes, als unseren demokratischen Rechtsstaat in Frage zu stellen.

Mit freundlichen Grüßen

Winfried Kretschmann“

Winfried Kretschmann als Ministerpräsident vereidigt


Winfried Kretschmann ist der achte Ministerpräsident Baden-Württembergs. Zum ersten Mal in der Geschichte Deutschlands ist damit ein "Grüner" Chef einer Landesregierung. Archivbild: weinheimblog.de

Stuttgart/Rhein-Neckar, 12. Mai 2011 (red) Winfried Kretschmann (62) ist der achte Ministerpräsident Baden-Württembergs und der erste Regierungschef eines Bundeslandes, den die Partei Bündnis90/Die Grünen stellt. Heute wurde Herr Kretschmann mit 73 Stimmen zum Ministerpräsidenten gewählt – 71 Stimmen hat die Grün-Rote Mehrheit, folglich müssen zwei Stimmen aus dem CDU/FDP-Lager gekommen sein.

Von Hardy Prothmann

Die Vereidigung war kurz und knapp: „So wahr mir Gott helfe“, sagte der bekennende Katholik und nahm die Wahl an. Ein historischer Augenblick – wird das Land Baden-Württemberg nach fast 60 Jahren erstmals nicht von einem CDU-Vertreter angeführt, sondern darüber hinaus von einem „Grünen“.

CDU scheitert an der „Dagegen-Partei“.

Im Wahlkampf hatte der zuvor amtierende CDU-Ministerpräsident Stefan Mappus die „Grünen“ immer als „Dagegen-Partei“ zu diskreditieren versucht und jede Forderung von Bündnis90/Die Grünen verdammt.

Eine falsche Strategie, wie sich herausstellte. Stefan Mappus wird ebenfalls in die Geschichte eingehen – als der CDU-Ministerpräsident, der verantwortlich für die erste Wahlniederlage im „Ländle“ ist. Doch auch der neue „starke Mann“ der CDU, Peter Hauk, ist mit für das Desaster der CDU. Politik von oben, Spätzle-Connections, stures Durchziehen von Politik an den Bürgerinnen und Bürgern vorbei (Stuttgart21) hat den Wechsel erst ermöglicht. Dazu kamen „miese Methoden“ – prominente CDU-Vertreter bezeichneten Kretschmann als zu alt und wollten ihm sogar eine Krankheit anhängen.

Idealtyp Kretschmann

Und die Person Winfried Kretschmann. Katholisch, solides Auftreten, schwäbelnd, bedacht, früherer Lehrer – er ist der Idealkandidat. Einer, den auch die bürgerliche Mitte, der konservative Wählerkreis in Baden-Württemberg wählen kann und gewählt hat.

Winfried Kretschmann hat mit seinem Vize Nils Schmid (SPD) hart um den Koalitionsvertrag verhandelt – inhaltlich, aber auch politisch. Die SPD musste verkraften, nicht mehr zweitstärkte Kraft im Land zu sein. Das sind jetzt die Grünen. Zusammen haben sie eine Stimme Mehrheit.

Dass die SPD einen Minister mehr stellt, wurde Herrn Kretschmann als Schwäche ausgelegt – wenn man ihm böse will. Man kann den Schachzug auch als Stärke auslegen. Die SPD muss sich neu orientieren, als nur noch drittstärkste Partei in Baden-Württemberg. Da hilft ein Minister mehr, die schwindende Bedeutung zu kompensieren und Kretschmann hilft der Partei, das Gesicht zu wahren. Und er hilft sich und seiner Partei: Denn mit Sicherheit hatten die Grünen große Schwierigkeiten, überhaupt genug Personal zusammen zu bekommen – nicht nur, was die Minister betrifft, sondern die Mitarbeiter in den Ministerien.

Harte Themen

Inhaltlich ist das spannungsgeladene Thema Stuttgart21 nach wie vor bestimmend. Große Teile der SPD sind für den Tiefbahnhof, die Grünen dagegen. Ein Volksentscheid im September soll die Frage klären – wenn das Projekt nicht zuvor am Stresstest oder der Finanzierung scheitert. Das wären beiden wohl am liebsten, weil man am elegantesten aus der Sache herauskommt.

Top-Thema und bedeutender als Stuttgart ist der Ausstieg aus der Atom-Energie und die Schaffung von alternativer Energiequellen. Bis 2020 sollen zehn Prozent der Energie aus der Windkraft kommen – hier sind Konflikte vorprogrammiert, denn nicht jeder wird Windräder im Blickfeld wollen.

Winfried Kretschmann hat bereits einen politischen Schachzug gemacht, der zeigt, dass er führen will. Seine Ankündigung, auch Baden-Württemberg werde sich als Endlagerstandort für den Strahlenmüll aus der Atomkraft zur Verfügung stellen müssen, ist einerseits clever, andererseits aber auch verantwortungsbewusst und eine Ansage, dass er auf Augenhöhe mit seinen (schwarzen) Ministerpräsidentenkollegen verhandeln will. Vermutlich gibt es keine wirklich geeigneten Standorte, aber das Angebot eines (grünen) Politikers, aktiv am schwierigen Ausstieg – auch mit missliebigen Konsequenzen – mitzuwirken.

Auch die Bildungspolitik wird ein Prüfstein werden – die Schülerzahlen gehen zurück, also braucht man weniger Lehrer. Die Lehrerverbände haben schon protestiert angesichts erster Ankündigungen, Stellen abzubauen. Bildungspolitik ist auch immer Bürgerpolitik – denn schließlich geht es um die Kinder der Wählerinnen und Wähler. Und ebenso wie bei Stuttgart21 und Energie hat auch hier die frühere Landesregierung ein schweres Erbe angesichts der verkorksten Bildungspolitik hinterlassen.

Pflicht zur Bürgerbeteiligung

Alle Politik der neuen Regierung steht und fällt allerdings mit der Beteiligung der Bürger: „Wir brauchen eine Politik des Gehörtwerdens“, sagte Ministerpräsident Kretschmann vor seiner Wahl. Das muss die neue Landesregierung überzeugend umsetzen. Bürgerbeteiligung, Transparenz und Informationsfreiheit werden der Prüfstein für jede Entscheidung sein. Und hier wird Neuland betreten – die Landesregierung betritt ein weites Feld.

(von links) Hans-Ulrich Sckerl ist parlamentarischer Geschäftsführer und im allerbesten Kontakt zum neuen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. Archivbild: weinheimblog.de

Wahlkreis 39 Weinheim mit Sckerl stark vertreten

Die Region Nordbaden und vor allem der Wahlkreis 39 Weinheim ist in Stuttgart stark vertreten. Der Landtagsabgeordnete Hans-Ulrich Sckerl ist einstimmig zum parlamentarischen Geschäftsführer gewählt worden, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und innenpolitischer Sprecher der Fraktion.

Damit ist Sckerl ganz nah am Ministerpräsidenten Kretschmann dran – aber auch an den anderen Abgeordneten. Eine Knochenjob – aber einer, über den viel Einfluss ausgeübt werden kann, wenn Herr Sckerl diesen geschickt ausübt. Als harter Arbeiter ist der Abgeordnete in seinem Wahlkreis bekannt.

Auch für unsere Redaktion beginnt mit dem Machtwechsel in Stuttgart eine neue Ära. Wir haben gute Kontakte zu Bündnis90/Die Grünen und aktiv über deren Politik als Opposition berichtet. Dabei haben wir gute Erfahrungen gemacht und können die Achtung der Pressefreiheit und die Bereitschaft für den Dialog überwiegend loben. Wir hatten allerdings auch Konflikte mit einzelnen Parteivertretern auszutragen und diese niemals gescheut.

Als Regierungspartei sind Bündnis90/Die Grünen nun zusammen mit der SPD in der politischen Verantwortung. Wie unsere Leserinnen und Leser das erwarten dürfen, werden wir genau hinschauen, welche Politik gemacht wird und diese kritisch begleiten.

Reportage: Im Landtag nichts Neues?

Guten Tag

Hirschberg, 30. September 2010. „Ich traue meinen Ohren kaum, weil ich doch glaubte, ich säße in einem Parlament. Einem Ort der Würde und des Anstands“, denkt unsere junge Mitarbeiterin Jule Kuhn-Weidler, als sie zum ersten Mal persönlich das Geschehen im Stuttgarter Landtag verfolgt. Doch sie erlebt hämische Zwischenrufe, wilde Gesten, lange Flure. Auch das ist Politik, notiert sie auf ihrem Block. Wie sie den Landtag aus dem Blickwinkel einer 17-jährigen Schülerin erlebt, hat sie in dieser Reportage aufgeschrieben.

Der Baden-Württembergische Landtag - hier wird politisch entschieden. Bild:jkw

Text und Fotos: Jule Kuhn-Weidler

Die Tür fliegt auf und Uli Sckerl tritt in den Raum. 59 Jahre alt, 1,88 Meter groß, dunkelgraue Haare. Brillenträger. Figur normal. Bis auf den Politikerbauch. Eine ausgebeulte, volle Lederaktentasche unterm Arm. Jeans, grünes Hemd, dunkles Jacket.

Die SPD veranstaltet ne Sause.

Lässt sich nicht gerne fotografieren: MdL Uli Sckerl am Kaffeeautomaten. Bild: jkw

„Hallo“, sagt Sckerl knapp. Ein kurzer Blick und ein Handschlag begrüßen seinen Assistenten Benjamin Lauber und mich. „Die von der SPD veranstalten gerade ne Sause und jubeln“, sagt Sckerl. „Klar, wegen der aktuellen Umfrage“, sagt sein Assistent. Danach würde die SPD 25 Prozent erhalten und die Grünen satte 20 Prozent. Lauber guckt auf den Bildschirm: „Ich bin voll geplättet.“ Sckerl nickt und sagt: „Ist nur eine Umfrage, wir müssen die Landtagswahl 2011 abwarten.“

Es ist Ende Juli 2010. 12:00 Uhr mittags. Zweiter Stock. Haus der Abgeordneten. Neben dem Stuttgarter Landtag. Hier sitzen 139 Landtagsabgeordnete. Uli Sckerl ist einer davon, für Bündnis90/Die Grünen (17 Sitze). Es ist seine erste Legislaturperiode. Im März 2006 ist er über die Landesliste in den Landtag gekommen.

Ich habe noch keine große Erfahrung als Journalistin und stehe am Ende meines Praktikums beim hischbergblog.

Mein Auftrag: Schreibe eine Reportage über Deine Erfahrungen im Landtag. Schreibe ein Porträt über den Landtagsabgeordneten Uli Sckerl.

„Was gibt-€™s sonst?“

„Was gibt-€™s sonst?“, sagt Sckerl. Es gibt viel Neues. Die Liste der Themen und emails ist lang. Die Infos gehen zwischen den beiden hin und her. Konzentriert, intensiv, ab und an wird gescherzt. Eine halbe Stunde geht das so in diesem sechszen Quadratmeter großen Raum.

Das Büro ist voll gestellt mit Ordnern. Polizei, Direkte Demokratie, Finanzen, Rechtsradikalismus usw. steht da drauf. Es gibt kaum Bücher. Dafür aber überall Papierstapel. Gelocht, geklammert, gelblich und ab und an auch angerissen.

Es ist immer dieselbe Situation, hat mir vorher Benjamin Lauber erklärt. Er managt das Büro, bereitet die Informationen auf, vereinbart Termine, recherchiert. Die Zeit ist immer knapp. Auch heute wieder. Um 13:00 Uhr ist Fraktionssitzung.

Der lange Gang durch die Instanzen im Landtag. Bild: jkw

Der Versammlungsraum der Grünen-Fraktion ist in der 14. Legislaturperiode zu klein geworden. Wir müssen ins Nebengebäude. In einen lichten Raum mit beigem Teppich und einheitlichen Ledersitzen

„Was heute hier besprochen wird, verlässt nicht diesen Raum.“

Vorab der Satz: „Was heute hier besprochen wird, verlässt nicht diesen Raum.“ Der Fraktionsvorsitzende Winfried Kretschmann hat für die kommenden vier Stunden hauptsächlich das Wort. In der Pause werden die Abgeordneten, aber auch die Berater und Praktikanten mit Kaffee und Kuchen versorgt.

Ordner, Ordner, Ordner. Schrankwand im Abgeordentenbüro. Bild: jkw

Besonders eine Strategie zeichnet sich ab: die Abwarten-Verhandeln-Vermarkten-Strategie. Es wird abgewartet, wann welches Thema besonders präsent ist, oder welches gerade im Interesse des Bürgers liegt. Es wird verhandelt, mit möglichen Fraktionen, die einen ähnlichen Antrag unterstützen würden. Danach wird das Thema mit Hilfe von Medien und Kontakten für die Öffentlichkeit vorgestellt.

Ich laufe zurück ins Büro. Auf dem Weg werde ich von einem Herrn im maßgeschneiderten Anzug angesprochen, der den gleichen Weg hat.

Kein Lächeln mehr für mich.

„Machen Sie hier ein Praktikum?“, fragt der Herr außerordentlich freundlich und lächelt.
„Ja“, antworte ich ebenfalls höflich.
„Bei welcher Partei sind Sie denn?“, fragt der Herr.
„Bündnis90/Die Grünen“, sage ich, ohne zu erwähnen, dass ich dort als journalistische Praktikantin nur zu Besuch bin, mit dem Auftrag darüber zu berichten.
„Oh, achso, na dann“, sagt der Herr und läuft sogleich einen Schritt schneller, um nicht weiter mit mir reden zu müssen.

Auch an den folgenden Tagen wird mich der Mann weder grüßen, noch anlächeln.

Für diesen Tag bin ich fertig.

Ich mache mich auf die Suche nach meiner Jugendherberge, dort wurde von Benjamin Lauber für mich ein Bett reserviert.

Fürs Protokoll.

Dort angekommen gehe ich noch einmal meine Notizen durch, als plötzlich die Tür auffliegt und eine junge Frau mit Köfferchen im Zimmer steht. Wir begrüßen uns.

„Was machst du in Stuttgart?“, frage ich.

„Ich bin Stenografin im Landtag für die nächsten zwei Plenumstage“, bekomme ich als Antwort.

„Was machst Du genau?“ frage ich.

Redner im Plenum. Bild: jkw

„Ich bin eine von denen, die immer neben dem Pult des Redners sitzen, ihren Bleistift in der Hand und wie wild auf einen Din-A5-Block kritzelt, was gesagt wird. Die Notizen für das spätere Protokoll. Es erfordert Konzentration und Genauigkeit. Einrufe müssen zu dem jeweiligen Politiker zugeordnet werden.“

Einrufe. Davon gibt es viele – von jeder Partei.

Szenenwechsel – ich bin wieder im Landtag.

Schäbig.

„Reden Sie nicht von Anstand, wenn Sie selbst keinen haben!“
„Sie sind einfach nur schäbig!“
„Sie reden von Ideologie? Aber davon können sie wahrlich nur träumen!“

So geht das in einem fort.

Ich traue meinen Ohren kaum, weil ich doch glaubte, ich säße in einem Parlament. Einem Ort der Würde und des Anstands.

An dem Ort eines öffentlichen, konstruktiven Austauschs. Dem ist nicht so.

Und dabei sitzen doch Nonnen und Rentner im Publikum, teils mit steinernen Gesichtern. Es ist klar, dass diese „Einwürfe“ ihnen gar nicht gefallen.

Die Stimmung im Landtag ist angespannt. Gerade bei dem Thema Bildung gehen die Interessenlagen weit auseinander.

Es donnert und poltert dort unten, als ich gerade wieder die Plenumssitzung von der Tribüne aus verfolgen möchte. Schon nach kurzer Zeit stelle ich mir die Frage, ob es sich lohnt, dem Theater da unten zu folgen.

Meine Gedanken schweifen ab und ich beginne die Politiker optisch zu mustern.

I-Phone ist interessanter als Politik.

Fast alle tragen Anzug und Krawatte. Die Abgeordneten der Grünen stechen ein wenig heraus. Keine Krawatte, das Hemd nicht bis oben zugeknöpft und auch die feinen Lederschuhe sind ab und an durch gemütliche Turnschuhe ersetzt.

Die Autorin: Jule Kuhn-Weidler. Bild: jkw

Ich habe mir eine simple Kleiderordnung gegeben: Alles außer zerrissene Jeans und zu knallige, figurbetonte Oberteile.
Bei anderen Parteien sehen die Praktikanten schon anders aus. Für zwei Jungs bei der FDP ist der Anzug und die Krawatte Pflicht, genauso wie die gegelten- und zur Seite gekämmten Haare. Allerdings scheinen sich die jungen Männer eher weniger für die Politik ihrer Partei zu interessieren. Mehr noch interessiert das I-Phone auf ihrem Schoss.

Ich beobachte die Politiker weiter. Der Ministerpräsident, Herr Mappus, runzelt ununterbrochen die Stirn, während ein SPD-Abgeordneter einen besonderen Streitpunkt anschlägt.

Beifall in jeder Sprechpause von SPD und Grünen. Die restlichen Abgeordneten sitzen relativ unbeeindruckt auf ihren Plätzen und warten auf den Sprecher ihrer eigenen Partei.

Schwierige Zusammenhänge.

Bei kritischen Aussagen wird wieder eingerufen. So darf man sich den restlichen Nachmittag vorstellen. Es passiert nicht wirklich etwas Interessantes.

Noch etwas fällt mir besonders auf. Die unterschiedlichen Redensarten. Der eine liest seine Rede völlig vom Papier ab, der nächste wirbelt nur so mit Statistiken um sich, ein anderer versucht den restlichen Politikern ins Gewissen zu reden und wiederrum ein anderer fuchtelt mit den Armen um sich, um die Bedeutung seiner Worte noch mehr hervorzuheben.

Ich merke, dass gerade die Streitpunkte mir Schwierigkeiten bereiten. Ich verstehe Zusammenhänge nicht sofort und auch die Argumentation der Politiker ist für mich schwer nachvollziehbar.

Aber es geht nicht nur mir so. Die restlichen Zuschauer haben offensichtlich ebenfalls große Probleme zu folgen.

Manche fragen fortlaufend ihren Sitznachbarn und andere haben es sich gemütlich gemacht, um ein Nickerchen zu halten. Wenige Zuschauer blättern verzweifelt in ihren Informationsheftchen, um wenigstens den Versuch zu unternehmen, die Debatte der Fraktionen zu verstehen.

So läuft Politik.

Drei anstrengende Tage gehen so vorüber. Ich habe viel gesehen und viel Neues erfahren. Manches hat mich überrascht, manches sehr enttäuscht.

Partei ist nicht gleich Partei und auch die Erkenntnis, dass Zeit hier Mangelware ist, wurde mir immer wieder vor Augen geführt.

Und es wird „scharf geschossen“ in der Landespolitik. Aber so läuft Politik, wird mir gesagt.

Sitzgruppe - ein Ort des Treffens, an dem sich niemand trifft. Bild: jkw

Der Einblick in den Landtag hat mir gezeigt: Politik ist wichtig. Und es ist wichtig, dass darüber gesprochen wird.

Gäbe es kein Parlament, das sich mit ausschlaggebenden Pro- und Kontra-Argumenten zu den vielen Themen beschäftigen würde, so würde wohl die gesamte Gesellschaft ganz und gar zerbrechen.

Unübersichtliche Gänge der politischen Arbeit.

So unübersichtlich die Gänge im Landtag sind, so verschachtelt ist auch die Arbeit dort.

Zu viele Sackgassen und Einbahnstraßen versperren den Weg, zu einer einheitlichen Entscheidung zu kommen.

So viele Namensschilder wie es an den Türen gibt, so viele unterschiedliche Meinungen gibt es auch. Im Parlament werden die oft auf eine „gemeinsame“ reduziert. Und das wird sich so schnell wohl auch nicht ändern.

Aber das alles ist nur ein Eindruck.

Ich habe drei intensive der Beobachtung hinter mir und habe viel gelernt und verstanden. Und gemerkt, dass die Arbeit als Journalistin ganz schön anstrengend ist.

Was wäre, wenn ich das seit Jahren schon tun würde?

Könnte ich dann behaupten, die Politik im Landtag verstanden zu haben?

Ich glaube nicht.

Und ich habe den Eindruck, dass auch die Politiker damit selbst große Schwierigkeiten haben.

Jung, rockig experimentierfreudig - Jule Kuhn-Weidler.


Anmerkung der Redaktion:
Jule Kuhn-Weidler (17) ist Gymnasiastin und absolviert neben ihrem Hauptjob, der Schule, ein redaktionelles Praktikum beim hirschbergblog.
Sie stammt aus einem „politischen“ Haus – ihr Vater, Arndt Kuhn-Weidler, ist im Vorstand der Grünen Liste Hirschberg und deren Sprecher.
Von der Redaktion bekam sie den Auftrag, den Landtagsabgeordneten Hans-Ulrich Sckerl zu porträtieren sowie eine Reportage aus dem Leben eines Abgeordneten im Stuttgarter Landtag zu schreiben.
Jule hat noch eine Aufgabe vor sich, dann wird ihr Praktikum bei uns beendet sein und weil sie weiter journalistisch arbeiten will, begrüßen wir sie ab November 2010 als freie Mitarbeiterin.
Da im März 2011 Landtagswahlen anstehen und sie aus unserer Sicht eine hervorragende Arbeit abliefert, werden wir sie auf die anderen Kandidaten „ansetzen“, die sich zur Wahl stellen.